Hertinger Grasbahnrennen
Mit dem international bekannten Grasbahnrennen in Hertingen fand ein Highlight im Markgräflerland statt
Hertingen. Wenn an einem lauschigen Augustabend ein Finne, ein Brite, ein Franzose auf einen Markgräfler, Schleswig-Holsteiner oder Bayer trifft, steigt auf dem Markgräfler Ring die „Speed Night“ des MSC Hertingen Rebland: Zum internationalen Grasbahnrennen strömten hunderte Besucher – Lokalmatador Loris Dickau ging als Sieger der Enduro-Klasse hervor.
Alljährlich zieht es Stammgäste, Wiederkehrer und neue Besucher zu dem Großaufgebot auf den grünen Matten. Hertingen empfängt die Welt der Motorsportler zu einer der ältesten Form des Motorrad-Bahnsports. Bereits eine Stunde vor dem Startschuss ist das Areal gut gefüllt. Noch lange nach dem Beginn reihen sich Einlasswillige am Kassenhäuschen. Mit Kind, Hund und tragbaren Sitzplätzen strömt alles in Richtung Zuschauerarena. Vorbei am gut gefüllten Festzelt, an Ständen und Stationen, die zum Ablauf gehören und für die professionelle Ausrichtung sprechen. Einer der besten Plätze im Fahrerfeld gehört dem Team Brandhofer.
Pünktlich zum Mittagessen sei die sechsköpfige Truppe eingetroffen. Der Großteil stamme aus dem oberbayerischen Bad Tölz, nur Beifahrerin Sandra Mollema komme aus Holland, erzählt Mechaniker Richie. 2023 wurden Mollema und ihr Pilot Markus Brandhofer zum Grasbahn-Europameister in der Seitenwagenklasse gekürt. In Hertingen gilt es, neue Punkte zu holen. Mit Erfolg: Das Duo siegt in der Seitenwagenklasse. An 25 Wochenenden seien sie unterwegs, sprich: die ganze Saison. Zur Frage, was denn eine eingefleischte PS-Rennsportlerin beruflich mache, weiß der Mechaniker zu berichten, sie sei in der Heimat als Controllerin der dortigen „TÜV“-Experten tätig. Am Ende der Reihe steht der Wohnwagen des britischen Teams Goodwin. Auch sie touren derzeit durch die Lande. Die Cousins Josh und Scott stecken schon in ihren Anzügen, der Rest der Familie ähnelt einer Camperrunde zum Feierabend. Laut der „Grasstrack-News“ seien die Goodwins in ihren „500cc Sidecars“ gerade zu den „British Masters Grasstrack Champions“ in Ledbury gekrönt worden. Die Familie ist berühmt, der Name mit früheren Rennen verbunden, und ohnehin gilt Großbritannien seit 1920 als Mutterland der Sportart. In Hertingen seien die Hoffnungsträger zum vierten Mal, heißt es. Die Nacht durchgefahren, am Morgen eingetroffen, kurzer Schlummer und ab auf die Piste. Die Vokabel „müde“ scheint ein Fremdwort zu sein. Den weitgereisten Finnen Tero Aarnio, ebenfalls viel unterwegs, begleitete das Pech. Seine Maschine streikte, er musste sie ins Ziel schieben, was ihm einen Punkt einbrachte. Der Monitor an der Starterzone gibt derweil Auskunft, dass neben den internationalen Fahrern viele heimische antreten. Die Ortschaften rund um Hertingen sind gut vertreten. Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz berichten, dass Berliner wie Tuttlinger vor Ort seien. Außerdem werde bei dem Anlass auch den Mofa-Fans eine Plattform geboten. Früh übt sich, wer ein Meister werden will. Das gilt auch für Lokalmatador und Sieger Loris Dickau, der schon als Kind den Traum des Rennfahrers hatte. Zufrieden gab sich auch Chris Fredrich, der neue MSC-Vorsitzende. Die ersten Gäste seien die Camper, die seit Tagen den Hügel bevölkern. Das seien Fans, die zeitig anreisen, so Fredrich. Sie kommen aus Augsburg wie aus Lörrach. An der „Speed Night“ schauen sie gemütlich von der Loge aus zu.
Um die Veranstaltung zu stemmen, seien 300 Helfer im Einsatz. Ihnen wie allen Beteiligten, darunter den Sicherheitskräften, sprach Bürgermeister Carsten Vogelpohl in der Begrüßung Dank aus. Die Veranstaltung sei ein Highlight im Markgräflerland und ohne Unterstützung nicht realisierbar. Dann geht es endlich los. Der Moderator schickt ein „Herzliches Willkommen“ über den Platz, und in die Pommes-Duft-Wolken mischt sich herber Benzingeruch. Der erste Durchgang rast über das 510-Meter-Oval. Die Motoren übertönen jedes Gespräch und die Staubwolken wachsen mit jeder Sekunde. Jetzt geht es nur noch um Geschwindigkeit und um Leistung der rund vierzig Speed-Verfechter. Ines Bode