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Zukunft ländlicher Raum

Lebhafte Frage- und Antwortrunde in Schliengen zum Thema ländlicher Raum in Südbaden

Schliengen. Es gibt Gesprächsbedarf zur Zukunft des ländlichen Raums in Südbaden. Bei der Diskussionsveranstaltung „Wie geht es weiter mit dem ländlichen Raum in Südbaden?“ entwickelte sich eine lebhafte Frage- und Antwortrunde unter den anwesenden Referenten und Gästen.

Eingeladen hatte der FDP-Kreisverband in die Weinschänke Zimmermann auf dem Schliengener Berg. Sehr viele Wortbeiträge drehten sich um die Zukunft des Weinbaus. Auch der Tourismus, Tierwohl und die Werbung für regionale Produkte spielten eine Rolle.
Zwar kamen nur elf Landwirte und Winzer zu der Veranstaltung, diese diskutierten jedoch engagiert und präsentierten den Referenten – dem Landtagsmitglied Georg Heidlinger, dem Präsidenten des Badischen Weinbauverbandes Rainer Zeller, dem BLHV-Kreisvorsitzenden Müllheim Michael Fröhlin und dem Gastronom und Landtagskandidaten der FDP Felix Düster aus Grenzach-Wyhlen – auch eigene Ideen.
Als Moderator der Veranstaltung fungierte der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann.
Kritische Weinbausituation „Im Weinbau sieht es nicht gut aus, viele Ältere hören auf, wir suchen nach Wegen, wie wir politisch Pflöcke für den Nachwuchs einschlagen können, um engagierten jungen Winzern eine Zukunft zu eröffnen“, eröffnete Zeller den Diskurs.
Insgesamt gibt es ein Überangebot von Wein, weil Konsumenten weniger Alkohol trinken und heimische Produzenten zudem dem Konkurrenzangebot vor allem italienischer, spanischer und französischer Weine ausgesetzt sind. Zeller verwies noch auf die Marktmacht der Discounter in Sachen Billigpreise bei Wein aber auch bei anderen regionalen Produkten.
Er berichtete von einem Forderungskatalog, den Winzer und der Genossenschaftsverband an die Landesregierung übergeben haben. Darin werden unter anderem Rotationsbrachen vorgeschlagen, die über einen bestimmten Zeitraum als Blühwiesen der Biodiversität gewidmet werden könnten.
Gemeinsames Marketing Der Weinbau in der Region ist aber auch wichtig für den Tourismus. Werden Weinbauflächen gerodet oder nicht mehr bewirtschaftet, dann sind es oft die schwieriger zu bewirtschaftenden Steillagen.
Genau die aber, so Zeller und Winzer Karl-Ernst Zimmermann übereinstimmend, lieferten die besten Weine. „Zudem prägen diese Rebhänge das Landschaftsbild, das touristisch beworben wird“, merkte Winzer Christoph Schneider vom Weingut Schneider in Weil an.
Gefordert wird ein Runder Tisch mit Vertretern aus dem Tourismus, den Kommunen, Winzern, Umweltvertretern, der Gesellschaft, um Kernweinanbaugebiete zu erhalten und ein gemeinsames Weinmarketing zu etablieren, in das jeder Weinbaubetrieb verpflichtend einzahlt.
Südtirol als Vorbild Zeller regte zudem an, dass nach dem Vorbild von Südtirol, die Weinregionen in Baden und Württemberg gemeinsam ein griffiges Marketing aufstellen müssten. Schliengen. Stichworte „Genuss“ und „Gast“: Die gestiegenen Energiekosten und vor allem die noch geltenden 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke, machen den Gastwirten nach wie vor zu schaffen, berichtete Düster. Zwar werde die Mehrwertsteuer ab 2026 auf Speisen wieder auf sieben Prozent gesenkt, nicht aber auf Getränke. Auch er verwies auf das Vorbild von Südtirol bei der Werbung für eine Gesamtregion, die auch das Angebot der Hoteliers und Gastronomen mit einbezieht.
Beim Themenkomplex „umweltfreundliche Energie und mehr Umweltfreundlichkeit auf dem Acker“ habe die Landwirtschaft nicht abgewartet, sondern sei vorangegangen mit Investitionen in Photovoltaik, in Biogasanlagen, in Hackschnitzelanlagen, Freiflächen PV mit Beweidung, mit einer präziseren, sparsamen Düngung, erinnerte Michael Fröhlin. Hier müsse es bei Genehmigungen neuer Anlagen weniger Bürokratie und auch bessere Förderideen geben, regte der Landwirt an.
Für Fröhlin als Tierhalter, sei zudem ein tiergerecht guter aber auch umsetzbarer Tierschutz wichtig. „Es nutzt doch nichts, wenn aufgrund immer komplizierterer Auflagen bei der Stallhaltung kleinere lokale Fleischproduzenten aufgeben und dann das billig, teils mit schlechter Tierhaltung produzierte Fleisch aus dem Ausland in der Theke landet“, kommentierte er das Sterben vieler kleiner Betriebe mit Tierhaltung.
Heidlinger gab sich nachdenklich, was die gewünschte Abschaffung vieler bürokratischer Verwaltungsabläufe anging. „Da stoppt uns als FDP leider der Selbsterhaltungstrieb vieler Verwaltungen, wenn wir davon mehrere zusammenlegen wollen und machbare 13 Großkreise mit entsprechend weniger Verwaltungen vorschlagen würden“, bekannte er. Die Bürokratie bremse zudem Landwirte mit Höfen im Außenbereich, die gerne für ein zweites Standbein ein touristisches Übernachtungsgebot an ihre Häuser anbauen wollen. Eine Maschinenhalle würde baurechtlich genehmigt, bisher aber nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten ein kleinerer Gastro- oder Übernachtungsbetrieb.
Mehr junge Leute wollen Landwirt oder Winzer werden, das sehe man in den landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen etwa in Freiburg, Radolfzell, Donaueschingen, bestätigte Fröhlin. Die über 100 Plätze seien voll belegt, 20 Prozent der angehenden Landwirte sind Frauen. „Diesen jungen Leuten müssen wir eine Zukunftsperspektive bieten, vor allem denen, die nicht die Erbfolge eines Hofs antreten, sondern vielleicht selbst einen Betrieb gründen oder einen bestehenden Betrieb, der keine Nachfolger hat, übernehmen wollen“, gab er zu bedenken. Jutta Schütz