Optimismus ist nur ein Mangel an Information
Harald Schmidt und Bernd Gnann begeisterten mit ihrer Bühnenshow im Kur- und Festspielhaus in Badenweiler
Badenweiler. Zwei Schwaben und ein Allgäuer auf einer Bühne im Markgräflerland. Zwei Bar-Hocker, ein Tisch, ein Flügel – das reichte für einen Abend voller Wortwitz, Spontanität, feiner Ironie und Scharfsinn. „Harald Schmidt schwätzt mit Bernd Gnann“ – so lautet der Arbeitstitel des Programms, vorbereitet hatten die beiden angeblich nichts. Auf der Trauerfeier für den Leiter der Schauspielschule, an welcher Schmidt und Gnann studierten, wurde quasi die Idee zu dem Abend geboren: „Lass uns doch mal was zusammen machen“, sagte Bernd Gnann. „Ich lern’ aber nichts auswendig“, entgegnete Schmidt und ließ sich vom „Gespräch ohne Vorbereitung“ überzeugen.
Mit dabei in Badenweiler war Pianist Uli Kofler. Der Allgäuer begleitete Jopi Heesters persönlich auf zahlreichen Konzerten, wie er erzählte und dabei ins Schwär-
men geriet. „Vielen Dank für die kurze Zusammenfassung,“ nahm Schmidt die Zügel auf und ging in gewohnter Manier aktuelle Themen an, welche er mitunter scharfzüngig interpretierte, wie etwa die Angst der Männer vor dem Urologen, es hilft ja nix: „Mit Hose keine Diagnose.“ Zum Fachkräftemangel: „In Deutschland wird es keine Revolution geben. Wir finden keinen der die Guillotine aufbauen kann. Wo ist der Henker? Der ist in Elternzeit.“
Mit dem Programm sei man unterwegs um Gräben zuzuschütten und um Hände zu reichen, so Schmidt, getreu dem Satz des geliebten Dramatikers Heiner Müller: „Optimismus ist nur ein Mangel an Information.“
G’schwätzt, wurde über Gott und die Welt, auch über Badenweiler.“ Gibt es schon Interessenten für das Hotel, schräg gegenüber?“ Der Entertainer sah Potenzial für bezahlbaren Wohnraum. „Man muss ja nehmen wen man kriegt“. Im Grunde kann Schmidt adhoc über jedes Thema plaudern und hätte den Abend locker alleine gestemmt. Amüsante Erlebnisse auf Kreuzfahrtschiffen, isländische Schriftsteller und private Anekdoten sorgten unentwegt für Lacher und Applaus. Die Mutter war eine geborene „Reichsbahn“, verriet Schmidt: „Zumindest stand das auf unseren Handtüchern.“ Auf Elternabenden sei er übrigens der einzige Vater ohne Dutt und ohne Zehenschuhe.
Bernd Gnann spielte lange am Stuttgarter Staatstheater, steht fürs Fernsehen vor der Kamera und spricht Dokus für Arte ein. Prägend, war seine Kindheit in einer Großfamilie mit sieben Geschwistern, Gnann erzählte vom elterlichen Bauernhof, von der Milchkuh Bärbel, nach der seine Schwester benannt worden sei. Seine Geschichten von der Landwirtschaft, oder Erlebnisse im Gasthof, lieferten Schmidt die Stichworte, welche dieser wortgewandt aufgriff und zu Pointen spann.
Der Tag, als die Milchkühe gegen Masthähnchen getauscht wurden, inspirierte Gnann zur traurigen Ballade von „Horst das Hähnchen“. Die Melodie des Protestsongs „Karl der Käfer“ spielte Uli Kofler am Flügel, Bernd Gnann sang herzzerreißend, lautmalerisch unterstützt vom Publikum, welches auf Gnanns Zeichen hin krachend von den zuvor verteilten Biokarotten herunterbiss.
Der Abend ohne Vorbereitung war viel zu schnell vorbei – zwei Stunden vergingen wie im Flug – das Publikum war restlos begeistert. (jh)
