„Auslagestellen an gut erreichbaren Punkten“
Zusammenfassung
In einzelnen Orten werden unsere Wochenzeitungen ab 2026 nicht mehr in jeden Haushalt geliefert
Kreis Emmendingen. Die Menschen im Landkreis Emmendingen sind es gewohnt, einmal pro Woche eine kostenlose lokale Zeitung im Briefkasten vorzufinden. Ab 2026 wird dies in einzelnen, eher dünn besiedelten Orten nicht mehr der Fall sein. Clemens Merkle, Geschäftsführer der Wochenzeitungen am Oberrhein (WZO), erklärt im Interview die Gründe.
Herr Merkle, warum wenden Sie sich heute mit einer eher unerfreulichen Nachricht an Ihre Leserschaft?
„Transparenz ist uns wichtig. Seit vielen Jahren arbeiten wir mit großem Engagement daran, unsere Wochenzeitungen verlässlich in jeden Briefkasten zu bringen. Doch die Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren so grundlegend verändert, dass wir die flächendeckende Zustellung an alle Haushalte aktuell nicht mehr in jedem Gebiet gewährleisten können. Ausgenommen hiervon sind natürlich die Städte und Gemeinden, in denen wir das Amtsblatt herausgeben.“
Welche Rahmenbedingungen meinen Sie?
„Die Vervielfachung des für uns wichtigen Papierpreises in der Zeit während und nach der Corona-Pandemie war ein Schlag ins Kontor. Hinzu kommen zwei weitere Entwicklungen, die das bisherige Modell besonders belasten: Zum einen steigt zum Jahreswechsel erneut der gesetzliche Mindestlohn um 8,4 Prozent. Das ist eine wichtige und richtige Anerkennung der Leistung unserer Zustellerinnen und Zusteller – führt aber zugleich zu deutlich höheren Verteilkosten pro Exemplar. Zum anderen verzeichnen wir spürbare Rückgänge bei den Anzeigen- und Beilagenumsätzen, obwohl unsere Inserenten nachweislich erfolgreich in den Wochenzeitungen werben. Das kostenlose Zustellungsmodell an alle Haushalte finanziert sich ausschließlich über Anzeigen und Beilagen. Wenn die Einnahmen sinken, kippt die Kosten-Nutzen-Rechnung der flächendeckenden Zustellung.“
Was wird sich im neuen Jahr konkret ändern?
„Wir bündeln unsere Zustellressourcen dort, wo die Nachfrage und Reichweite am größten ist, optimieren Touren und setzen verstärkt auf bedarfsorientierte Verteilung. In einzelnen Straßen, Ortsteilen oder Randlagen werden wir statt der Haushaltszustellung Abholstellen an gut erreichbaren Punkten einrichten.“
Ändern sich auch die Inhalte der Wochenzeitungen?
„Nein! Unser Anspruch, die Menschen in der Region zuverlässig, unabhängig und ‚nah dran‘ zu informieren bleibt bestehen. Redaktionelle Qualität und lokale Relevanz stehen nicht zur Disposition. Wir investieren weiterhin in Recherche, Themenvielfalt und Service – nur die Art, wie das Produkt an seine Leser kommt, müssen wir in Ausnahmefällen an die Realität anpassen.“
Die Leser in den betroffenen, meistens dünn besiedelten Gebieten wird das nicht erfreuen.
„Wir wissen, dass dieser Schritt für manche Leserinnen und Leser enttäuschend ist. Er fällt uns auch wirklich nicht leicht. Der Schritt ist aber notwendig, um die Zukunft unseres Angebots zu sichern und fair mit den Menschen umzugehen, die es möglich machen – von der Redaktion bis zur Zustellung.“
Wie können betroffene Leserinnen und Leser aus kleineren Ortschaften Sie unterstützen?
„Ich wende mich mal direkt an die Betroffenen: Teilen Sie uns mit, wo Abholstellen sinnvoll wären, wie Sie unsere digitalen Angebote nutzen oder welche Informationsbedürfnisse Sie haben. Und an die lokale Wirtschaft: Ihre Anzeigen wirken – gerade in herausfordernden Zeiten. Werben Sie regional, unterstützen Sie Journalismus vor Ort und profitieren Sie von einer starken Leserschaft.“
Ist die Maßnahme des Verlags, die Wochenzeitung in einzelnen Gebieten über Abholstellen anzubieten unumkehrbar?
„Wir beobachten die Entwicklung fortlaufend und werden unsere Maßnahmen entsprechend anpassen. Wir danken allen Betroffenen für das Verständnis und die Treue zu unseren für die Leserschaft auch weiterhin kostenlosen Wochenzeitungen“.
Interview: Frank Rischmüller (WZO-Süd)
